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Das Max-Samuel-Haus feiert in diesem Jahr sein 30jähriges Bestehen. Die „Stiftung Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur / Max-Samuel-Haus“ wurde am 2. September 1991 gegründet.

In den nächsten Wochen werden auf dieser Seite in loser Folge Artikel zu Veranstaltungen und Projekten aus den vergangenen drei Jahrzehnten von jungen Menschen gestaltet, die in diesem Jahr ihr Praktikum im Hause absolvieren. Sie sollen einen Einblick in die Arbeit des Hauses geben (Steffi Katschke)

Denksteine, ähnlich dem europaweit bekannten „Stolperstein“-Projekt, werden in Rostock seit 2001 verlegt. Inspiriert wurde die Idee von einem Besuch in Köln 2001, wo damals schon Stolpersteine zu finden waren. Der Gedanke hinter den Messingplatten wurde so gut aufgenommen, dass man beschloss, auch in Rostock ein solches Projekt zu beginnen, um auf die Schicksale und tragische Vergangenheit zahlreicher Juden aus Rostock aufmerksam zu machen.

Die Steinplatten bzw. jetzt Messingplatten werden in den Gehweg eingesetzt und sollen an die Vertreibung und die Vernichtung von Juden zur NS-Zeit erinnern. Gedacht wird nicht nur den Opfern der Vernichtungslager, sondern auch denen, die durch die Rassenpolitik täglich Gewalt, körperlich oder psychisch, erfuhren und in den Suizid getrieben wurden. Da die Denksteine im Gehweg liegen, soll man buchstäblich über die Namen der Verstorbenen stolpern und gleichzeitig zum Nachdenken angeregt werden. Man muss stehen bleiben, lesen und sich der Vergangenheit bewusst werden. Auf den Steinen sind eingraviert die letzte Adresse des oder der Verstorbenen, der Name, das Geburts- und Sterbedatum und die jeweilige Todesursache. Die Steine sind symbolisch auch ein Zeichen dafür, dass die Verstorbenen ihre Namen wiederbekommen und nicht als namenlose Opfer in Vergessenheit geraten. Das Design der ersten Denksteine in Rostock wurde zusammen mit dem Grafiker Rando Geschewski entwickelt.

Wie bereits erwähnt, wurde der erste Stein, damals noch eine Dolomit-Platte, 2001 für Meta Hirsch in der Stephanstraße 3 gesetzt und von Dr. Kai Seyffarth gespendet. Meta wurde zusammen mit ihrem Mann und den gemeinsamen Kindern am 10. Juli 1942 aus Rostock über Ludwigslust nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Der kleinen Familie wurde von einem Tag auf den anderen alles genommen und so erging es leider nicht nur ihnen. Die vier Denksteine in der Stephanstraße, da jedes Familienmitglied nun einen besitzt, sollen daran erinnern, dass dort einst eine Familie versuchte, ein normales Leben zu führen. Dies wurde ihnen aber durch zahlreiche Beschlüsse und Gesetze erschwert, verwehrt und schließlich ganz genommen.

 

        Hirsch Meta Hirsch mit Kai Seyffarth Frank Schröder 1.Denkstein 2001

            Metas Denkstein in der Stephanstr. 3                                   Frank Schröder (l.) und Dr. Kai Seyffarth (r.)

 

Heute, 20 Jahre nach Beginn dieses Projekts, liegen insgesamt 70 Denksteine (Stand: Juni 2021) für 68 jüdische Opfer des Nationalsozialismus (da zwei Personen jeweils mit zwei Steinen gewürdigt werden) in Rostock. Viele übersehen sie, aber eben genauso viele werden auf sie aufmerksam, lesen die Gravur und lassen so die Schattenseiten der Geschichte nicht in Vergessenheit geraten.

 

Autorin: J. Doebler, 25. Juni 2021