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Das Max-Samuel-Haus feiert in diesem Jahr sein 30jähriges Bestehen. Die „Stiftung Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur / Max-Samuel-Haus“ wurde am 2. September 1991 gegründet.

In den nächsten Wochen werden auf dieser Seite in loser Folge Artikel zu Veranstaltungen und Projekten aus den vergangenen drei Jahrzehnten von jungen Menschen gestaltet, die in diesem Jahr ihr Praktikum im Hause absolvieren. Sie sollen einen Einblick in die Arbeit des Hauses geben (Steffi Katschke)

 

Der 10. Juli 1942 ist ein Tag, der der Stadt Rostock besonders in Erinnerung bleiben sollte, denn um 7.01 Uhr verließ dort ein Zug mit 24 jüdischen Rostockern den Hauptbahnhof auf dem Weg nach Ludwigslust in ein Sammellager, aus dem dann insgesamt 91 Mecklenburger Juden schließlich nach Auschwitz gebracht wurden. Dieses Ereignis markierte den Beginn der Deportationen der Juden aus Mecklenburg.

Anlässlich des 50. Jahrestags dieses Ereignisses, organisierte die Stiftung „Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur in Rostock e.V.“, auch kurz „Max-Samuel-Haus“ genannt, in Zusammenarbeit mit verschiedenen christlichen Gemeinden und durch zahlreiche Spenden eine Gedenkwoche. Zu den geladenen Gästen zählten ehemalige Mitglieder der jüdischen Gemeinde Rostock, welche aus allen Teilen der Welt für diese Veranstaltung wieder in den Norden Deutschlands fanden, selbst wenn dies psychisch und körperlich eine Herausforderung darstellte.

Zu den Veranstaltungen gehörte unter anderem die Premiere des Dokumentarfilms „Geben für Weggenommenes“ von Roza Berger-Fiedler. Die Handlung des Films untersucht die Spuren der Begebenheiten von Sternberg 1492, bei denen 27 Juden des Hostienfrevels beschuldigt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Kurze Zeit später vertrieb man endgültig alle Juden aus Mecklenburg. Im Max-Samuel-Haus gab ebenfalls eine gleichnamige Ausstellung mit Werken von Joachim Steinmann.

Im Sinn der Erinnerung, rief die ökumenische Arbeitsgruppe Rostocks, bestehend aus Vertretern der Evg.-freikirchlichen Gemeinde, der Evg.-methodistischen Kirche, der katholischen Kirche und der Evg.-lutherischen Landeskirche, zu einem Ökumenischen Gebet auf. Dieses sollte Christen verschiedener Konfessionen darauf besinnen, gemeinsam um Gnade zu flehen und Nöte, wie Frieden und zwischenmenschliche Liebe, vor Gott zu tragen. Es sollte dazu beitragen, die Augen nicht vor dem zu verschließen, was ihren jüdischen Mitbürgern widerfahren ist, sondern sich darauf zu besinnen, was für die jüdische Gemeinde und die Hinterbliebenen getan werden kann.

Am 10. Juli 1992 um 7.01 Uhr begann der Gedenkweg an dem Ort, an dem 50 Jahre zuvor der erste Deportationszug Rostock verließ. Der Weg führte die Teilnehmer unter anderem zum Jüdischen Friedhof und dem „Judenhaus“ in der Altschmiedestraße 26, dessen Bewohner Passagiere des ersten Zuges nach Ausschwitz waren.

 

 

In den weiteren Tagen folgten Vorträge von Historikern, wie Frank Schröder (damaliger Leiter des MSH) oder Yaakov Zur, aber auch offene Gesprächsrunden über Erinnerungen an eine jüdische Kindheit in Rostock zur Nazizeit und früheren Jahren. Abschließend wurden die Teilnehmer auf eine Tagestour nach Sternberg und Schwerin eingeladen, welche mit einem Gespräch mit dem Präsident des Bundesrats, Dr. Berndt Seite, endete.

Viele der Veranstaltungen der Gedenkwoche wurden für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sodass jeder Interessierte teilnehmen konnte, um sich zu informieren oder seine Anteilnahme zum Ausdruck zu bringen. Im Vordergrund der Ereignisse stand das Erinnern und Nicht-Vergessen der Vergangenheit, die immer noch Einfluss auf die Gegenwart hat und auch weiterhin die Zukunft formen wird. Es ist wichtig, Geschichte aktiv zu gedenken, um Vergangenes sowohl Beispiel als auch Lehre sein zu lassen.

 

Autorin: J. Doebler, 25. Juni 2021