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18.03.2024

Einweihung des „Denksteins“ für
Gertrud Prager (24.05.1885 Berlin – 29.06.1943 Auschwitz)

Sonntag, 7. April 2024 um 11.00 Uhr
Wokrenterstr. 4, 18055 Rostock
(Ecke Beim Hornschen Hof/Wokrenterstraße)

Der Verein der „Freunde und Förderer des Max-Samuel-Hauses e. V.“ lädt alle Interes-sierten zur Enthüllung des 82. Denksteins in Rostock ein. Der Stein wird in Anwesenheit des Spenders, Herrn Kai Seyffarth, eingeweiht.
Gertrud Prager wurde am 24. Mai 1885 in Berlin als uneheliche Tochter der Verkäuferin und späteren Modistin Sophie Prager geboren. Sie war Jüdin. 1897 heiratete ihre Mutter den jüdischen Schauspieler Samuel Haut, der bereits ein Jahr später verstarb. Die Mutter starb 1926 in Halle im Alter von 63 Jahren.

Wahrscheinlich kam Gertrud Prager 1913 nach Rostock. Im Adressbuch ist sie als Be-wohnerin des Hauses Sperlingsnest 7 (heute Beim Hornschen Hof) aufgeführt. Unklar ist, wo sie zur Schule ging, welchen Beruf sie erlernte. Für 1916 wird die „unverehelichte“ - wie es im Adressbuch heißt - Gertrud Prager als Eigentümerin des Eckhauses Wokrenterstr. 15, eines Bordells, genannt. Heute ist von der Bebauung nichts mehr vorhanden. Wahrscheinlich kam sie bereits als Prostituierte nach Rostock. Später, mit dem Kauf des Hauses in der Wokrenterstraße, betrieb sie selbst ein Bordell. Es fehlen die Quellen, um ihr Leben in den 1920er und 1930er Jahren zu schildern.
Ab 1933 sind ihre Einkommensmöglichkeiten vermutlich eingeschränkt. Als Jüdin durfte sie das Bordell nicht mehr weiterführen, auch keine nichtjüdischen Kunden annehmen. Seit 1938 wohnte sie in der Augustenstr. 104, nicht weit entfernt von der Synagoge. Den Brand und die Zerstörung wird sie vermutlich miterlebt haben. Die Deportationsliste nach Auschwitz im Juli 1942 verzeichnet ihren Namen. Sie wurde jedoch nicht, wie die anderen 23 Rostocker Jüdinnen und Juden, an die ebenfalls der Deportationsbefehl erging, nach Auschwitz gebracht und wie diese nach der Ankunft ermordet.
Gertrud Prager war noch bis zum 11. November 1942 im Landeszuchthaus Alt-Strelitz inhaftiert. Die Nationalsozialisten hatten sie in der Volkszählung 1939 als „Halbjüdin“ erfasst. Wahrscheinlich konnte sie nachweisen, dass ihr unbekannter Vater nichtjüdisch war. Das jedoch bewahrte sie nicht vor der Deportation, denn sie wurde wegen „Rassenschande“ verurteilt. Zwischen dem 12. November 1942 und 28. Juni 1943 war Gertrud Prager mit anderen Juden in Berlin im „Sammellager“ Große Hamburger Straße, der ehemaligen jüdischen Knabenschule und dem jüdischen Altersheim interniert. Von dort wurde sie mit anderen Frauen, Männern und Kindern am 29. Juni 1943 ins das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und nach der Ankunft ermordet. Sie wurde nur 58 Jahre alt.
Die Wokrenterstr. 15 ist der letzte frei gewählte Wohnort Gertrud Pragers vor 1933. Von der historischen Bebauung zeugt nur noch der sanierte Hornsche Hof aus dem 17. Jahrhundert.